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Quo vadis Flüchtlingspolitik?

Eine Bestandsaufnahme zu Grundsätzen eines humanen Umgangs mit Flüchtlingen und zu den Irrungen und Wirrungen der derzeitigen Diskussion

Von Prof. Dr. Rainer Vor

1. Vorbemerkung und Vorgeschichte

„Politisch Verfolge genießen Asyl“. So stand es einst kurz und prägnant im alten Art. 16 des Grundgesetzes. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes zogen damit die Lehre aus den Verbrechen im Dritten Reich. Während der Zeit des Nationalsozialismus nahmen mehr als 80 Staaten weltweit rund eine halbe Million Flüchtlinge aus Deutschland auf. Viele Verfolgte konnten nur dadurch überleben, dass sie in anderen Ländern Aufnahme und Schutz fanden. Also wollte die neue demokratische Bundesrepublik ein Zeichen der Solidarität setzen und offen sein für Menschen, die in vielen anderen Ländern dieser Welt politisch verfolgt werden und hat ihnen sogar einen subjektiven Rechtsanspruch auf Asyl eingeräumt. Einmalig und vorbildlich!

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) wurde am 28. Juli 1951 auf einer UN-Sonderkonferenz in Genf verabschiedet und trat am 22. April 1954 in Kraft. Erweitert wurde sie am 31. Januar 1967 durch das „Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, das am 4. Oktober 1967 in Kraft trat. Der Konvention sind mittlerweile etwa 150 Staaten beigetreten, dem Protokoll gut 140. Auch Deutschland hat die GFK und das Protokoll ratifiziert.

Flüchtlinge können also in Deutschland als Asylberechtigte nach dem Grundgesetz anerkannt werden oder den Status als Flüchtling nach der GFK zuerkannt bekommen.

Nach Art 1 Abs. 1 unseres Grundgesetzes ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. In Art 1 Abs. 2 bekennt sich das Deutsche Volk darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Art. 1 ist kein so genanntes „Deutschengrundrecht“. Es steht vielmehr allen Menschen kraft ihres Menschseins zu, die sich in Deutschland aufhalten. Die Menschenwürde ist angeboren und unverlierbar und von aller staatlichen Gewalt zu beachten und zu schützen. Sie ist damit fundamental für jede menschliche Gemeinschaft.

Am 26.05.1993 beschloss der Deutsche Bundestag den sogenannten Asylkompromiss. Infolge des Balkankrieges stieg die Zahl der Flüchtlinge stark an und erreichte im Jahr 1992 ihrem Höhepunkt mit 438.191. Eigentlich hätten diese Flüchtlinge von den umliegenden Staaten als Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen werden müssen. Da man sich auch damals nicht auf feste Aufnahmequoten für die Dauer des Bürgerkrieges einigen konnte, blieb diesen Menschen nur die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, insbesondere in Deutschland. Durch die Änderung des Grundgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes wurden die Möglichkeiten stark eingeschränkt, sich erfolgreich auf das Grundrecht auf Asyl zu berufen. Dieses ist nun in Art.16a GG geregelt; an Stelle der vier Worte- wie im alten Art. 16 GG- ist nun in Art. 16a GG ein komplexer, mehrere Absätze umfassender „juristischer Verhau“ entstanden mit vielfältigen Regelungen zu sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten. Da Deutschland mitten in Europa liegt und Gott sei Dank nur von sicheren und friedlichen Drittstaaten umgeben ist, nahmen die Flüchtlingszahlen - wie gewünscht- wieder stark ab.

Der Grundgesetzänderung ging eine kontroverse und in vieler Hinsicht polemische und teilweise bösartige Debatte voraus, die auch stark medial befeuert wurde. „Das Boot ist voll“, „Deutschland ist nicht das Weltsozialamt“, Kinder statt Inder“ wurde damals bereits skandiert, vor allem auch von Parteien, die das „C“ im Namen führen. Ja, und es muss daran erinnert werden, dass Asylbewerberheime brannten, wie in Rostock-Lichtenhagen, als der rechte Mob eine pogromartige Gewalt verbreitete und Menschen ermordet wurden wie beim Brandanschlag in Mölln.

Es muss aber von vorne herein konstatiert werden, dass die sichere Drittstaaten-Regelung (Dublin I bis III-Verordnung) auf Dauer nicht gut gehen konnte und für Deutschland quasi zum Bumerang werden sollte. Warum sollen Italien und Griechenland, die ohnehin genug eigene Probleme haben, allein die Last der Flüchtlinge tragen, die aus Syrien, Afghanistan, Irak, etc. entweder über das Mittelmeer oder von der Türkei aus ins Schengengebiet einreisen, insbesondere, wenn die Zahlen infolge der zahlreichen Konflikte im Irak, Libyen, Afghanistan, Syrien, etc., an denen wir (Amerikaner, Europäer, und Russen) beteiligt sind oder waren, stark zunehmen? Es kam auch nicht gerade überraschend, dass viele EU-Staaten seit Sommer 2015 Deutschland nun die kalte Schulter zeigen, also dem Land, das aus eigenem Interesse immer auf die Beachtung der Dublin-Verordnung gedrungen hatte.

Schließlich soll noch erwähnt werden, dass die Europäische Union in ihrer bis dato größten Krise 2012 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde für ihren Beitrag zur "friedlichen Entwicklung in Europa". Aus dieser Würdigung erwächst meines Erachtens auch eine humane Verpflichtung, die von der EU, insbesondere von ihren Mitgliedstaaten in der Flüchtlingsfrage bisher in keiner Weise eingelöst wird.

2. Warum verlassen viele Menschen ihr Heimatland und was hat das mit uns zu tun?

Die Gründe sind vielfältig: Bürgerkrieg, politische, religiöse, ethnische Verfolgung, sexistische Gewalt insbesondere durch den Islamischen Staat, Gewalt, Hunger, verheerende Zustände in sich auflösenden Staaten, die von War Lords terrorisiert werden, aber auch, weil viele Menschen in ihrem Land keine Perspektive mehr sehen. Dies gilt z. B. für Tunesien, Marokko, Algerien, zahlreiche westafrikanische Staaten, für den Ostbalkan (Kosovo, Mazedonien, Albanien, etc.). Bei über 60 % Arbeitslosigkeit, keinerlei Perspektive insbesondere für junge Menschen, kein Zugang zu Krankenversorgung, etc. würden wir und sicher auch das Gros der Pegida- und AFD-Anhänger das Land verlassen.

Dass viele Menschen den Irak, Afghanistan und Libyen verlassen, hat Gründe, die insbesondere von den USA zu verantworten sind. Der völkerrechtswidrige 2. Golfkrieg hat die ganze Region destabilisiert. Man hat zwar den Diktator Saddam Hussein gestürzt, es fehlte aber offensichtlich jedweder Plan für die Zeit danach. Die Vereinigten Staaten und die westliche Welt haben es nicht vermocht, funktionierende Demokratien und Zivilgesellschaften aufzubauen, weder im Irak, noch in Afghanistan, noch in Libyen. Auch hier wurde der Diktator Gaddafi beseitigt, seither ist das Land zerrissen. Hinzu kommt, dass man trotz Drohnenkrieg und totaler Überwachung übersehen hat, dass mit dem IS eine neue große Gefahr auf der Weltbühne entstanden ist. Noch komplexer stellt sich die Situation in Syrien dar, wo mittlerweile nicht nur Russland, die USA, die Türkei, Saudi Arabien, Europa und eine Reihe anderer Staaten sowie der IS und zahlreiche andere Gruppierungen involviert sind und eigene teilweise höchst unterschiedliche Interessen verfolgen.

Zahlreiche Staaten Afrikas leiden nicht allein unter oftmals von der westlichen Welt unterstützten korrupten Eliten bzw einer landeseigenen Kleptokratie, sondern auch unter einer ungerechten Weltwirtschaftsordnung, die dazu führt, dass ihre Rohstoffe billig exportiert und Konsumgüter teuer importiert werden müssen. Hinzu kommen EG-Agrarsubventionen, die die eigene Landwirtschaft ruinieren und eine EU-Fischfangflotte, die ihre Küsten leer fischt. Darüber hinaus verkaufen wir gerne unsere Waffen in diese Gebiete. Deutschland war 2015 weltweit der viertgrößte Waffenexporteur mit steigendem Tendenz und wir wundern uns dann darüber, dass diese Waffen weltweit töten und Menschen in die Flucht treiben.

Schließlich sind die europäischen Staaten und auch die EU ihrer Verantwortung zum Aufbau lebensfähiger demokratischer Gesellschaften auf dem Balkan nach dem Zerfall Jugoslawiens nicht gerecht geworden. Durch die Intervention im Rahmen des Balkankrieges haben wir dort eine wichtige Aufgabe zu erfüllen...... Die Menschen aus dem Kosovo, aus Albanien, etc. würden ihrer Länder nicht verlassen, wenn sie dort eine Perspektive hätten.

Wir müssen uns eingestehen, dass der Anstieg der Flüchtlingszahlen auch zu tun hat mit einer verfehlten Politik der europäischen Staaten. Unser Handeln oder Nichthandeln hat Auswirkungen, für die wir verantwortlich sind. Wir können daher nicht einfach die Grenzen schließen, so als ob wir keine Verantwortung dafür hätten, warum viele Menschen ihre Heimat verlassen. Fluchtursachen bekämpfen, heißt auch abzurücken vom Waffenexport, von ausbeuterischen Strukturen, von einem ungerechten Welthandel, etc. Eine faire Verteilung der Lasten ist bei den Verursachern einzufordern; es ist nicht einzusehen, dass die USA, Russland, Saudi Arabien, etc. sich beharrlich weigern, Flüchtlinge in nennenswerter Anzahl aufzunehmen.

3. Wer kommt zu uns?

Die Menschen, die zu uns kommen, lassen sich in unterschiedliche Gruppen einteilen: Wer als politisch verfolgt anerkannt wird, genießt Asyl bzw. den Schutz nach der GFK. Wer mit seinem Antrag keinen Erfolg hat, kann subsidiären Schutz genießen, bzw. sich gegfs. auf Abschiebungshindernisse berufen oder muss das Land verlassen bzw. wird abgeschoben. Weiterhin gibt es zahlreiche Bürgerkriegsflüchtlinge, die teilweise Asyl oder den Schutzstatus nach der GFK erhalten, teilweise aber auch nicht. Daneben gibt es Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen, weil sie in ihrem Land keine Chance auf Arbeit, Entwicklung, Gründung einer Familie, etc. haben. Soweit sie aus der EU kommen, genießen sie Freizügigkeit und haben ähnliche Rechte wie deutsche Staatsbürger. Soweit sie aus keinem privilegierten Land kommen, haben sie nur als besonders qualifizierte Fachkräfte eine Chance dauerhaft in Deutschland zu bleiben und müssen in der Regel das Land verlassen. Es gibt also einen kaum zu durchschauenden Regelungsdschungel, je nach Personengruppe gibt es unterschiedliche Regelungen.

Die Bundesrepublik ist ein Einwanderungsland, hat aber kein transparentes und klares Einwanderungsrecht, wie z.B. Kanada. Deshalb stellen viele Migranten einen oft aussichtslosen Asylantrag, wie sie sonst keine Chance haben, überhaupt ins Land gelassen zu werden. Wir brauchen also eine klare Trennung zwischen dem Asyl- und Flüchtlingsrecht einerseits und einem noch zu schaffenden modernen und transparenten Einwanderungsrecht andererseits, um insbesondere den Menschen eine legale Perspektive / Chance zu geben, die nicht politisch verfolgt sind.

4. Was tun einige wesentlich ärmere Anrainerstaaten?

Es gibt eine Reihe von Staaten (Jordanien, Libanon, Türkei), die eine große Anzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien aufgenommen haben. So leben im Libanon weit mehr als eine Million Flüchtlinge, ein Drittel der Bevölkerung. Trotzdem kommt das Land irgendwie mit ihnen zurecht. In Jordanien haben 650.000 Flüchtlinge Aufnahme gefunden, mehr als 10 % der Bevölkerung. In der Türkei leben 2,5 Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge. In Anbetracht dieser Zahlen ist nur schwer zu begreifen, warum das überwiegend reiche Europa mit 500 Millionen Einwohner überfordert sein will. Die Mentalität des Teilens und der Gastfreundschaft ist offensichtlich dem christlichen Abendland abhandengekommen.

5. Was wird gemacht und was ist zu tun?

Vorbemerkung

Menschen sind da und werden weiterhin kommen, also jeweils Individuen mit eigener (Leidens)Geschichte und eigener Würde und keine Objekte staatlichen Handelns. Dies muss auch in einem Land, das nach Art 1 GG der Menschenwürde verpflichtet ist, immer wieder betont werden und Maßstab des Handelns bleiben. Vor diesem Hintergrund erscheint die in Dänemark bei Flüchtlingen beschlossene Abnahme von Wertgegenständen als blanker Hohn und kalte Abschreckung.

Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass der Bürgerkrieg in Syrien schon seit fünf Jahren tobt, der IS ebenfalls seit einiger Zeit sein Unwesen treibt, die Taliban in Afghanistan wieder auf dem Vormarsch sind und der Zerfall des libyschen Staates ebenfalls evident war. Der starke Anstieg der Flüchtlingszahlen war also zu erwarten und ist nicht plötzlich über uns gekommen. Es ist also versäumt worden, rechtzeitig die Verwaltung zu stärken, insbesondere Personal einzustellen und Strukturen aufzubauen. Auch hätte die (zeitweilige) Öffnung der Grenzen durch Deutschland besser kommuniziert und abgesprochen werden müssen. Eine Absprache allein mit Österreich war falsch. Die politisch Verantwortlichen müssen sich das sagen lassen und sollten diese Versäumnisse auch eingestehen.

Wie wurde bisher auf den Anstieg der Flüchtlingszahlen reagiert?

Als häufig angewendetes Mittel der Politik erleben wir seither permanente Gesetzes-verschärfungen; man kommt selbst als Jurist kaum noch hinterher. Dieser vorgetäuschte Aktionismus wird die Probleme allerdings nicht lösen und auch an den Stammtischen die Lufthoheit nicht zurückerobern. Nachfolgend werden die wichtigsten Vorschläge und Ideen kurz skizziert:

  • Verkürzung des Flüchtlingsschutzes: z. B. durch Einschränkung des Familiennachzugs. Dies ist vor dem Hintergrund, dass gilt Art 6 auch für Flüchtlinge und insbes. für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) gilt und die CDU und CSU ansonsten die Familienwerte immer hochhalten, sehr bedenklich.
  • Abbau an Rechtsstaatlichkeit: Rechtschutz durch Anwälte ist in den geplanten Abschiebezentren kaum noch möglich. Die bisherige Ausgestaltung der Verfahren, teilweise mit Rechtsmittelfristen von nur einer Woche, ist bereits jetzt grenzwertig und wird durch die Neuregelungen noch mehr verschärft. Daneben sollen Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Bei einer bisherigen Anerkennungsquote für diese Staaten von immerhin 4% sind diese Schnellverfahren verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigen.
  • Anbiederung an die Türkei: Die Bundeskanzlerin hat bisher den EU-Beitritt der Türkei immer verhindert mit der Begründung mangelnder Rechtsstaatlichkeit, etc. Nun soll die Türkei die Arbeit für uns erledigen und die Flüchtlinge von Griechenland in großer Zahl zurücknehmen, obwohl Erdogan einen schmutzigen und blutigen Krieg gegen die Kurden im eigenen Land führt, von einer Unabhängigkeit der Justiz keine Rede mehr sein kann, die Pressefreiheit weithin eingeschränkt wurde und jede sachliche Kritik als Beleidigung des Präsidenten strafrechtlich verfolgt wird. Das ist erbärmlich und opportunistisch.
  • Kaum noch Abschiebeschutz bei Krankheitsgutachten von Psychotherapeuten mit Expertise zur Behandlung traumatisierter Flüchtlinge werden nicht mehr zugelassen, wenn es um die Prüfung von Abschiebungshindernissen geht. Dadurch soll die Abschiebung vereinfacht werden. Dies ist schäbig und eines humanen Rechtsstaats nicht würdig.
  • Innenminister de Maiziere besucht Afghanistan und will Flüchtlingen aus diesem Land wieder dorthin zurückschicken, weil die Lage dort nicht mehr überall so schlimm sei. Kurz vor seinem Eintreffen ging im gut gesicherten Kabul eine Bombe hoch und der Minister trug beim Einsteigen in seinen Hubschrauber einen Stahlhelm. Was soll dieses Gerede?
  • Permanente Forderung nach Obergrenzen, die aber im Ergebnis nichts bringen. Soll demnächst Griechenland für alle anderen Staaten das Problem alleine lösen, nur weil es geographisch „ungünstig“ liegt und die Mehrzahl der Flüchtlinge dort zuerst den Schengenraum betritt? Das kann das Land nicht leisten.
  • Auch wenn wir in Deutschland nach dem Vorbild Österreichs oder anderer Staaten die Grenzen schließen, werden die Flüchtlinge kommen. Es gehört zu einer realitätsbezogenen Einschätzung der Lage, dass ein Land allein oder einige wenige Länder überfordert sein werden, wir können die Aufnahme und Integration der Flüchtlingsfrage nur gemeinsam, solidarisch (europäisch) meistern können.

Resümierend muss man feststellen, dass die Gesetzesänderungen bei uns oder die nationalen Alleingänge einiger Länder vom Gedanken getragen sind, Menschen davon abzuschrecken nach Deutschland bzw. Europa zu kommen. Nationale Egoismen triumphieren über die Humanität gegenüber verfolgten Menschen und bezogen auf die EU über die Solidarität der Mitgliedstaaten.

Was sollte getan werden? Forderungen und Schlussfolgerungen

  1. Humanität erhalten. Wir können nicht die Augen verschießen vor der Not der Menschen. Wenn die EU eine Wertgemeinschaft sein soll, muss sie sich an diese Werte halten, insbesondere die Menschenrechte schützen. Das werden gleichzeitig auch die Werte des christlichen Abendlandes verteidigt.
  2. Solidarität üben und Solidarität einfordern. Jeder Mitgliedstaat muss nach seinen Möglichkeiten seinen Anteil übernehmen.
  3. Probleme konkret lösen, Verwaltung vereinfachen. Jeder Asylbewerber ist z. B. nur einmal, aber verbindlich für das ganze Verfahren zu registrieren.
  4. Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Ländern und Bund (BAMF) verbessern und Zuständigkeiten klären.
  5. Wir brauchen einen Masterplan, der für alle Beteiligte verbindlich ist und eine klare Finanzierungsstruktur. Wer ist wofür verantwortlich und wie werden die erforderlichen Leistungen auskömmlich finanziert? Woher kommen Lehrer, Kita-Erzieher, Sprach- und Integrationskurse? Insbesondere die Kommunen haben einen Anspruch auf klare Antworten! Alle Beteiligten und Vertreter der Zivilgesellschaft gehören an einen (runden) Tisch, um damit auch nach Außen zu demonstrieren, dass die vorhandenen Probleme angegangen und sachlich und friedlich gelöst werden können.
  6. Menschen motivieren, sich für die Integration von Flüchtlingen weiterhin zu engagieren, denn ohne die Zivilgesellschaft kann Integration nicht gelingen.
  7. Die Flüchtlingsthematik eignet sich nicht für parteitaktische Profilierungsversuche. Sie darf daher nicht aus parteipolitischen und wahltaktischen Interessen emotional aufgeladen werden. Das nützt nur der AFD und Pegida, verunsichert die Menschen und schafft den Nährboden für extremistische Taten. Wo fängt geistige Brandstiftung an? Die Grenzen sind klar zu bestimmen. Zurzeit scheint es so sein, dass selbst Vertreter demokratischer Parteien diese nicht verinnerlicht haben und sich dann verstört wundern, wenn Extremisten diese Worte in die Tat umsetzen.
  8. Die politisch Verantwortlichen müssen die Bürger mitnehmen. Dies setzt voraus, dass sie ihr Vorgehen klar und sachlich erklären.
  9. Auch die Medien sind an ihre Verantwortung für eine sachliche und offene Berichterstattung zu erinnern.

Leipzig, im März 2016.